SARS-Cov2-Spike-Trimer mit ACE2-Ersatz
Corona-Medikamente, ob prophylaktisch oder therapeutisch, wirken nur gegen die Virus-Variante, gegen die sie entwickelt wurden. Bei der nächsten escape-Mutation des Virus ist die Wirkung dahin.
Eines müssen alle Virusmutanten können, solange der Infektionsmechanismus über das Andocken an den Rezeptor ACE2 läuft: die Bindestelle am Rezeptor erkennen. Ein Ansatz zur Prävention von Covid-19 wäre die Überschwemmung der menschlichen Schleimhäute des respiratorischen Traktes mit einer Substanz, die die Andockregion des Virus außer Gefecht setzt, indem sie die Bidungsregion blockiert. Das versuchen Antikörper (Impfung), aber ob sie wegen ihrer ungeheuren Spezifität die nächste Variante (z.B. δ) noch an der Infektion hindern? Eine Forschergruppe hat ein Protein entwickelt, das die Andockstelle des Virus an ACE2 simuliert, die Bindungsstelle des Virus blockiert und damit das Andocken an den zellulären Rezeptor verhindert. Der Charm dieses Ansatzes: eine (zukünftige) Virusmutante, die besser an ACE2 bindet und damit infektiöser ist, bindet auch das Simulier-Protein besser und kickt sich damit selber aus.
Dieses Protein (von den Autoren ansprechenderweise CTC-445.2 genannt) ist nicht einfach eine Kopie der ACE2-Binderegion, denn es muß außer der Oberflächensimulation eine Reihe zusätzlicher Bedingungen erfüllen. Das Molekül muß für Menschen inert sein, es darf keine Antikörperreaktion provozieren; es darf biochemisch nicht aktiv sein (ACE2 bewirkt die Generation von blutdruckregulierenden Hormonen); es muß sich bei seiner Herstellung zuverlässig in die gewünschte Konformation falten und diese auch bis zur Applikation als Medikament behalten. Das Design eines solchen Proteins ist eine Gehirnschmalz auflösende Aufgabe, aber Proteinstruktur verstehende Computerprogramme helfen den Laborarbeitern. Das Resultat ist diese in Laborversuchen aktive Substanz (alle Zwischenstufen des wissenschaftlichen Werdeganges sind in der unten zitierten Publikation aufgeführt).
Die wichtigsten Strukturelemente sind vier Helices
und ein kurzes von den Autoren EE3 genanntes Faltblatt
. Nun zu den Kontakten zum Spike-Protein des Virus: zwei Aminosäuren aus der EE3-Schlaufe
finden Binde-Partner im Virus
. Die meisten Kontakte kommen aus Helix H1
zu den Bindepartnern im Spike
. Auch Helix 2 ist aktiv
. Helices 2-1 und 2-2 dienen dem Strukturerhalt des gesamten CTC-445.2-Proteins. Damit ist die gesamte Binderegion des Spikes abgedeckt
. In der raumfüllenden Darstellung ist zu sehen, daß kein Haar mehr zwischen Spike und ACE2-Ersatzstruktur passt
. In dem hier gezeigten Modell
sind alle drei Spikeproteine mit dem ACE2-Ersatz belegt, egal, ob die Binderegion in der "aufwärts"- oder "abwärts"-Position ist
. Diese Dreifachbelegung verhindert zuverlässig das Andocken des Virus an das "echte" ACE2
. Wie bei den neutralisierenden Nanokörpern kann man auch hier den "Gummibandtrick" anwenden: wenn ein CTC-445.2-Protein mit einem zweiten (oder gar dritten) Molekül durch eine simple Proteinkette verbunden wird und damit nach der Bindung des ersten Moleküls die weiteren ihr Ziel viel leichter finden, wird die Wirksamkeit gegen eine Sars-Infektion um mehrere Zehnerpotenzen erhöht. In vivo schützte ein CTC-445.2-Protein-Nasenspray Hamster gegen eine tödliche Dosis Sars-Cov2. Nun sind Freiwillige für klinische Studien gefragt.
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Literatur:
T W Linsky et al, Science 370 (6521), 1208-1214 2020, DOI 10.1126/science.abe0075