- Universität Hamburg - Fachbereich Biologie - Biozentrum Klein Flottbek
Bakterielle Photosynthese
Übersicht
Bei dem gegenwärtigen Stand der Evolution lebender Organismen auf der Erde wird durch den Lebensprozeß ständig Energie in nicht wiederverwendbarer Form als Abwärme freigesetzt. Zur Weiterführung des Lebens muß diese Energie wieder zugeführt werden. Die einzige externe Energiequelle ist die Sonne, daher ist die Verwendung von Lichtenergie die Voraussetzung für den Erhalt allen Metabolismus in der Biosphäre. Der Energieinhalt der von der Sonne ausgesandten Photonen hängt von der Farbe des Lichtes ab. Bei einer Wellenlänge von 800 nm entspricht die Energie einem Betrag von 35,7 kcal/mol, also mehr als die Hydrolyse-Energie von Phosphoenolpyruvat (14,8 kcal/mol) oder Adenosintriphosphat (7,3 kcal/mol). Zum Energieauffüllen bedarf es also nur eines Mechanismus, der die Photonenenergie in Form z.B. einer Phosphoesterbindung speichert. Die Natur bewerkstelligt diese Aufgabe mithilfe von in Membranen arrangierten Multienzymkomplexen. Die einfachsten solcher Systeme findet man in photosynthetischen Purpurbakterien. Deren Cytoplasmamembranen enthalten photosynthetische Einheiten (PSU für photosynthetic units), die ihrerseits aus Reaktionszentren (RC, reaction centers) und Licht erntenden Komplexen (LH I und LH II, light harvesting compexes) bestehen. Die PSU nutzen die Lichtenergie zur Reduktion von Chinonen und diese werden anschließend von einem Cytochromkomplex reoxidiert, es handelt sich also um einen zyclischen Vorgang. Während des Betriebes dieses Chinonzyclus werden Protonen aus dem Cytoplasma in das Periplasma ausgeschleust. Der dadurch an der Membran entstehende elektrochemische Gradient treibt die Synthese von ATP durch die membranständige F0F1-ATPase. Die photosynthetischen Enzyme benutzen außer Chinonen noch andere Liganden: als Elektronenakzeptoren dienen Chlorophylle, Carotinoide leiten die Elektronen zu den Chinonen, und für das Elektronenrecycling in den Cytochromen werden Häme benutzt. Je nach Bakterienart werden verschiedene Ligandentypen verwendet, auch die Anordnung der Komplexe ist unterschiedlich. Die Strukturen einiger Komplexe wurden bis herunter zu atomarer Auflösung erforscht, die übergeordnete Gesamtstruktur ist aus Kryo-Elektronenmikroskopie bekannt.
Der Initialschritt zur Wandlung der Lichtenergie in chemische Energie ist die elektronische Anregung eines Chlorophyllmoleküls nach dem Auftreffen eines Photons. Das Chlorophyll geht aus dem angeregten in den Grundzustand über, indem es ein Elektron auf ein Chinonmolekül (Q) überträgt. Das Chlorophyll ist damit der Primärdonor (D). In Schritt 1 wird also ein Ladungspaar D+Q- erzeugt. In Schritt 2 wird das Chlorophyll durch ein Cytochrom reduziert, und in Schritt 3 wird die Ladung des Chinons auf ein anderes Chinonmolekül übertragen. Schritt 4 wiederholt die Schritte 1 und 2, sodaß nun zwei geladene Chinone vorliegen. In den Schritten 5 und 6 werden Protonen aufgenommen, was zu einem ungeladenen Chinon und einem Hydrochinon führt. Das Hydrochinon diffundiert aus dem Reaktionszentrum heraus und gelangt in einen ebenfalls membrangebundenen Cytochrom bc1-Komplex, wo es zum Chinon reoxidiert wird. In den Schritten 8 und 10 werden Protonen freigesetzt. Aufgrund der räumlichen Anordnung der Proteinkomplexe werden die Protonen in den Schritten 5, 6 im Inneren der Zelle aufgenommen und in den Schritten 8, 10 in den periplasmatischen Raum abgegeben. Dieser Vorgang erzeugt einen elektrochemischen Gradienten über die Cytoplasmamembran. Der Chinonzyclus wird geschlossen, indem das Chinon in das Reaktionszentrum zurückdiffundiert (11).
In dem Bild rechts sind die Chromophoren des Reaktionszentrums aus Rhodopseudomonas sphaeroides zu sehen. Das primäre Chlorophyll (Typ a) ist gelb dargestellt. Von dort werden die Elektronen über ein anderes Bakterienchlorophyll a (grün) und ein Bakteriopheophytin (hellblau) an Ubichinon-10 (rot) weitergegeben. Magnesiumatome sind dunkelgrün abgebildet, ein Eisenion orange. Das primäre Chlorophyll des Reaktionszentrums bildet für die Photonen nur eine kleine Zielscheibe. Um den Wirkungsquerschnitt für die Photoreaktion zu erhöhen, sind die Reaktionszentren von Antennenproteinen umgeben, die weiteres Chlorophyll und andere Licht absorbierende Pigmente enthalten. Diese Proteine sind kreisförmig um die Reaktionszentren in der Cytoplasmamembran angeordnet. Diese Komplexe haben einen Durchmesser von ca. 10 nm und werden als Licht erntende Komplexe I bezeichnet (LH I). Die meisten Bakterien enthalten noch zusätzliche photosensitive Komplexe (LH II). Ein Beispiel für die Chlorophyllanordnung eines LH II ist am Beginn dieser Seite zu sehen. Weiter unten sind zwei Komplexe mit den zugehörigen Carotinoiden und der formgebenden Proteinstruktur zu sehen (mithilfe der Maus können sie von allen Seiten betrachtet werden). In der Bakterienmembran sind mehrere LH II-Komplexe so um die LH I-Strukturen angeordnet, daß ein schneller Elektronenübergang von LH II über LH I zu den Reaktionszentren erfolgen kann.
Das Kernprotein der Reaktionszentren von Purpurbakterien besteht aus den L- und M-Ketten, die dem Komplex eine quasisymmetrische Struktur geben. Diese Ketten durchdringen die Membran mit je fünf Helices und beherbergen die aktiven Liganden. In den meisten dieser Bakterien gibt es auch eine asymmetrisch angeordnete H-Kette mit einer Transmembranhelix. In wenigen Species ist eine Cytochrom c-Kette in das Reaktionszentrum integriert. Trotz der fast symmetrischen Anordnung der Chromophoren gibt es einen funktionellen Unterschied: der a-Zweig wird für den Elektronentransport etwa 200mal häufiger benutzt als der b-Zweig. In den Membranen werden Reaktionszentren und Cytochrom bc1-Komplexe mit einer Stöchiometrie von 2:1 gefunden. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von nativen Membranen mit zweidimensional geordneten photosynthetischen Einheiten aus LH I, Reaktionszentren und Cyt bc1 führten zu einem Modell, in dem zwei RCs symmetrisch neben einem Cyt bc1 angeordnet sind; die RC sind jeweils halbmondförmig von LH I-Komplexen aus je 12 Untereinheiten umgeben (in Rhodobacter sphaeroides).
Literatur:
About the basics of membrane proteinology:
11-2000 © Rolf Bergmann
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